Je abstrakter das Kind zu denken lernt, umso wichtiger wird es, dass es seine Gedanken sprachlich darstellen kann. Um sozial teil zu haben,  Freundschaften zu schliessen, gemeinsame Abmachungen zu treffen aber auch um Schulleistungen zu erzielen.

Aufgrund neuerer Studien weiss man heute, dass mehr als 50% der Kinder mit selektivem Mutismus gleichzeitig Sprach-, Sprech- und Redestörungen aufweisen (Kristensen & Torgersen 2001; Steinhausen et al. 2006, u.a.). Eine Studie belegt auch, dass mutistische Kinder deutlich weniger komplex erzählen können als nicht mutistische Kinder (McInnes et al., 2004).

Dies lässt den Schluss zu, dass eine Sprachentwicklungsstörung ein hoher Risikofaktor für einen sich ausbildenden selektiven Mutismus ist. Damit wird deutlich, dass mutistische Kinder auf Unterstützung in diesem Bereich angewiesen sind. Mithilfe sprachtherapeutischer Techniken erhalten sie Unterstützung im Aufbau von Sprache und Kommunikationskompetenzen.

Bei den ganz «klassischen» Sprachstörungen, wie einer unverständlichen Aussprache oder Mühe, treffsichere Wörter und komplexe Satzformen zu finden, um ausdrücken zu können, was man sagen möchte, ist die Gefahr gross, dass das Kind sich zurückzieht. Denn es erlebt täglich die wachsende Diskrepanz zwischen sich und den anderen Kindern. Das Kind wird verlegen, zunehmend hilflos und zieht vor, zu schweigen.

Daneben sind in den letzten Jahren die mündlichen Erzählkompetenzen – die sogenannte pragmatische Ebene der Sprache – eingehend erforscht worden und man weiss heute, dass sprachliches Darstellen von Sachverhalten und Erlebnissen eine weitere grosse Hürde im Sprachlernprozess ist. Sprachtherapeutische Konzepte und Fördermassnahmen zum Erwerb mündlicher Erzählkompetenzen stehen inzwischen zu Verfügung.

Diese Kompetenz spielt bereits in der frühen Kindheit aber auch in der Schule eine zunehmende Rolle. Kinder und Erwachsene müssen sich in Schule und weiterführenden Ausbildungsstätten alltäglichen Sprechhandlungen stellen.  Da müssen Erlebnisse, Berichte und Ereignisse nachvollziehbar versprachlicht und ein in sich schlüssiger Argumentationsaufbau geleistet werden.  Diese Hürden und Stolpersteine können Angst erzeugen. Schweigen und Vermeiden von Sprechen, oft bereits im Spielgruppenalter, sind an sich geschickte Strategien, das entstandene Problem möglichst effektiv zu lösen.

Die eindeutigen Zusammenhänge zwischen Mutismus und Sprachentwicklungsstörung, sollen – so die aktuelle Forschung – sprachtherapeutisch diagnostiziert und von auf Mutismus spezialisierten logopädischen Fachpersonen therapeutisch angegangen werden. Je nach Fall, sollen die logopädischen Massnahmen die psychotherapeutische Behandlung ergänzen oder als Schwerpunkt angesetzt werden.

InterMut strebt eine solche interdisziplinäre Zusammenarbeit an, damit eine individuelle, angemessene Therapie gewährleistet ist.